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Freie Universität Bozen

Fünf Fragen an die Neue
Die Anthropologin Prof. Elisabeth Tauber

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Fünf Fragen an die Neue

Die Anthropologin Prof. Elisabeth Tauber wurde als Nachfolgerin von Prof. Marjaana Gunkel in den Beirat für Chancengleichheit gewählt. Sie vertritt künftig das akademische Personal in diesem wichtigen Gremium.

Die sozialkulturelle Anthropologin Elisabeth Tauber ist Professorin an der Fakultät für Bildungswissenschaften und setzt ihre Forschungsschwerpunkte auf Romani Studies, Anthropologie von Institutionen und des Staates sowie Gender und Umweltanthropologie. Vergangene Woche wurde sie als Vertreterin des akademischen Personals in den dreiköpfigen Beirat für Chancengleichheit an der unibz gewählt.

Frau Prof. Tauber, welchen Schwerpunkt möchten Sie künftig im Beirat für Chancengleichheit setzen?
Elisabeth Tauber: Das bisherige Beiratsteam hat in den letzten Jahren mit Prof. Marjaana Gunkel, Alessandra Papa und Silvia Dal Sasso (bzw. Sonja Tetter) sehr viel aufgebaut. Ich habe damit das Glück einem Beirat beizutreten, der auf ein gutes inneruniversitäres Netzwerk sowie auf sorgfältige Datenerhebungen zu bestimmten Fragen blickt. Was als scheinbar individuelles Thema vorgebracht wird, entpuppt sich bei genauem Hinschauen oft als strukturelle oder systemische Ungleichheit. Diese strukturellen Formen sind historisch gewachsen, werden sozial reproduziert und spielen eine maßgebliche Rolle bei der Aushandlung von Machtpositionen und den damit verbundenen Möglichkeiten inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Daher haben wir es bis zur Gegenwart mit einem Phänomen zu tun, das als normativ männlich geprägter Diskurs verstanden wird.

Wo möchten Sie diesbezüglich ansetzen?
Es ist mir ein Anliegen, auf die strukturellen und systemischen Muster zu schauen, die oft unterschwellig wirken, ohne dass es den Beteiligten bewusst ist. Mein Eindruck ist, dass wir in Bozen Interesse an einer inklusiven Universität haben, an der Frauen und Männer mit Kindern, Menschen mit Beeinträchtigung, Menschen mit einer anderen Hautfarbe oder sexuellen Orientierung einen sie wertschätzenden Arbeitsplatz einnehmen können. Berufsbedingt habe ich ein großes Interesse an kultureller und sozialer Diversität und ich weiß aus Erfahrung, dass kulturell heterogene Gruppen sehr kreativ im Denken und Gestalten sind. Allerdings sind unsere Verwaltungs-, Auswahl-, und Evaluationssysteme nicht von vorneherein darauf vorbereitet. Die Sichtbarmachung und Sensibilisierung für Diversität innerhalb der akademischen Welt ist daher der erste Schritt hin zu Veränderung.

Wo gilt es bezüglich der Gleichberechtigung aller Angehörigen der Universitätsgemeinschaft, unabhängig von Geschlecht, Rasse, Religion oder anderer Merkmale, noch anzusetzen?
Wenn wir einen Blick auf unser akademisches Personal werfen, dann haben wir noch viel Spielraum hin zur Gestaltung von Chancengleichheit. Wir sind eine kleine Universität, die es sich erlauben kann, mehr Menschen, die durch ihre geschlechtsspezifischen Biographien und ihre Erfahrungen von Diversität andere Blickwinkel auf die Welt mitbringen, in Entscheidungsgremien zu holen. Es geht darum, mehr Geschlechter- und Diversitätsgerechtigkeit zu ermöglichen. Das hat Vielstimmigkeit und damit intensivere Diskussionen zu Folge, durch die sich wiederum ein breiteres Spektrum an Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Universität auftun.

Fehlt Ihnen hier ein Verständnis von Gleichheit?
Das heißt, wir brauchen auch in Bozen eine kritische Reflexion über ein immer noch vorherrschendes androzentristisches, also männlich geprägtes Verständnis von Gleichheit, Arbeit, Familie, Wissenschaft und Karriere. Ich bin davon überzeugt, dass die Bereitschaft unserer Universität, sich mit diesen historisch gewachsenen strukturellen Bedingungen auseinanderzusetzen, zu höherer Zufriedenheit, großer Motivation, Freude an der Arbeit und zu mehr Kreativität führen. Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen wir zudem die Möglichkeit, uns in offenen Denkwelten zu bewegen, die durch Austausch und Wertschätzung zwischen sehr verschiedenen Perspektiven ermöglicht werden.


Mit fünf Kandidat*innen gab es für dieses Amt so viele Bewerber wie nie – für was stehen Sie persönlich ein?
Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es fünf Bewerber für den Beirat gab, das weist auch auf die Notwendigkeit hin, an einzelnen Schaltstellen noch klarerer Akzente zu setzen. Ich suche den Dialog und den Austausch mit allen, ich möchte die Perspektive meines Gegenübers verstehen und ich stehe dafür ein, dass analytische Prozesse gemeinschaftlich entwickelt werden. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass wir in Bozen bereit sind, diesen Weg hin zu einer zunehmend gleichberechtigten und inkludierenden Universität weiterzugehen.
(vic)