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Freie Universität Bozen

Press releases

Im Kampf gegen Leukämie: Forscher*innen der Informatik publizieren zu Genomen

Die eigene DNA reparieren? Auf dem Weg zu medizinischer Innovation ist die Arbeit von Informatikern von grundlegender Bedeutung. Im Team mit Medizinern der Universität Verona haben Forschende der Informatik der unibz mitgewirkt.

Im Team mit Medizinern der Pathologie an der Medizinuniversität Verona haben Forschende der Informatik der Freien Universität Bozen mitgewirkt, Netzwerke von Genen und Prozessen, aus denen das DNA-Reparatursystem besteht, in ein mathematisches Modell umzuwandeln. Das Forscherteam untersuchte speziell Leukämie-Daten als Basis für die künftige Entwicklung wirksamer Medikamente.

Wie können Informatikerinnen und Informatiker eine Medikamentenentwicklung vorantreiben? „Nun, es bedarf bei der Auswertung von Daten einer Reihe von Expert*innen, und unsere Aufgabe bestand darin, statistische und ontologische Analysetechniken zu entwickeln, um bei Patienten mit chronisch-myeloischer Leukämie veränderte Gene zu identifizieren, die durch medikamentöse Behandlung und durch natürliche DNA-Reparatur-Genwege verändert werden“, führt Forscherin Paola Lecca, die das Projekt für die Fakultät für Informatik geleitet hat, in die Materie ein.

Die Studie befasste sich mit der Analyse des Transkriptoms eines Zellmodells der chronischen myeloischen Leukämie (CML). Dabei ging es speziell um das Medikament Imatinib. Das Medikament zählt als Substanz zu einer neuen Klasse von Antitumor-Medikamenten, an welchen das Team in Verona forscht. „Die DNA als unser genetischer Speicher unterliegt ständigen Veränderungen, die durch chemische und physikalische Faktoren verursacht und/oder durch angeborene Fehler beeinflusst werden.

Jede Veränderung, die nicht repariert wird, führt zu einer Erosion der genetischen Information und verursacht Mutationen und Krankheiten“, so Paola Lecca. „Um das allgemeine Überleben zu sichern, haben sich robuste DNA-Reparaturmechanismen entwickelt, die sicherstellen, dass die DNA ständig vor potenziellen Schäden geschützt ist und gleichzeitig ihre Integrität bewahrt. Daher überrascht es nicht, dass sich Defekte in DNA-Reparaturgenen auf unsere Stoffwechselprozesse auswirken.“

Und hier setzt man bei Krebserkrankungen an, speziell in der Leukämie. Diese gehört zu jenen Krebsarten, bei denen die DNA-Reparaturwege gestört sind, was zu einer Instabilität des Genoms führt. Hierfür galt es von Seiten der Informatiker, anhand mathematischer Modellierung das komplexe Netzwerk von Genen und des DNA-Reparatursystems darzustellen. Dieses Netzwerk kann nicht nur Aufschluss darüber geben, wie Zellen Mutationen erkennen und darauf reagieren, sondern möglicherweise auch darüber, ob die am Reparaturprozess beteiligten Gene kontrolliert werden können.

„Aufgrund der Komplexität dieses Netzwerks und der Notwendigkeit eines mathematischen Modells und einer Softwareplattform zur Simulation verschiedener Untersuchungsszenarien muss es einen automatischen Weg geben, um dieses Netzwerk in ein mathematisches Modell umzuwandeln“,

unterstreicht Prof. Diego Calvanese. „Zum besseren Verständnis: In der Vergangenheit wurden dynamische Modellierung und Sensitivitätsanalyse verwendet, um die Entwicklung von Tumoren als Reaktion auf Medikamente in der Krebsmedizin zu untersuchen. Die automatische Generierung eines mathematischen Modells und die Untersuchung seiner Sensitivität gegenüber den Parametern wurden bisher noch nicht in der Erforschung des DNA-Reparaturnetzwerks angewandt. Daher stellen wir diese Anwendung als einen neuartigen Ansatz für die medizinische Forschung gegen Krebs vor.“

Es galt zu erkennen, welche Gene bei einer Leukämieerkrankung verändert werden“, präzisiert Forscherin Paola Lecca. „Wir wissen aus der Medizin, dass unsere eigenen Gene im ständigen Reparaturmodus sind, um kranke Gene zu reparieren. Wächst also ein Tumor, so versucht die zelleigene Abwehr, diesen anzugreifen.“ In der Forschung ist es aber nicht genug zu wissen, welche Gene diese Unterdrückung vornehmen können, sondern man muss auch wissen, wie sie arbeiten. Modulieren sie andere Gene? Anders ausgedrückt: Können wir von der Funktionsweise der Onkosopressor-Gene lernen, wie man ein Krebsmedikament konstruiert und effektiv einsetzt?

„Wir wissen, dass die zelleigenen Tumorsopressorgene, im Gegensatz zu Medikamenten, in ihrer Arbeit keine Kollateraleffekte bewirken. Daher war eine von uns gestellte zentrale Forschungsfrage: Lösen Tumorsopressorgene und aktuelle Medikamente die gleichen Reaktionen aus?“ Da man von einer zu untersuchenden Menge von 4.000 Genen spricht, versteht man die Komplexität der Materie.

Dem Forscherteam an der Fakultät für Informatik gehören die Professoren Diego Calvanese und Bruno Carpentieri und die Forschenden Alessandro Mosca und Paola Lecca an. Sie arbeiteten dabei eng mit den Ärzt*innen der Pathologie der Medizinuniversität Verona zusammen. Geleitet wurde das Projekt von Prof. Claudio Sorio. Lecca, Mosca und Calvanese gehören auch zum Smart Data FActory, dem Labor der Fakultät für Informatik im NOI Techpark, das über Fachwissen im Bereich der computergestützten Biologie verfügt.

Der Artikel "Dynamic Modelling of DNA Repair Pathway at the Molecular Level: A New Perspective" wurde in der renommierten Zeitschrift International Journal of Molecular Sciences publiziert.

Finanziert wurde dieses interdisziplinäre Forschungsprojekt über das Projekt DAQUETA-CML der Freien Universität Bozen.

 (vic)